5 Fragen
an das Leben
Juli 2017
Auszüge aus einem Vortrag von Holger Dick
in Moskau an der Psychologischen Fakultät
der Moskauer Wirschafts-Universität

5 Fragen an das Leben

„Mama, wie alt war ich, als du mich geboren hast?" – wir lächeln darauf hin. Die Frage ist aber gar nicht so dumm. Wir sind keine 0 – zum Zeitpunkt der Geburt haben wir bereits einen monatelangen Weg hinter uns, ein Leben mit sinnlichen Eindrücken und Gefühlen.

Wenn wir geboren werden ist unser Intellekt, unsere Hardware sozusagen, noch nicht sehr weit entwickelt, wir haben aber bereits viele gefühlte Erfahrungen gesammelt.

Man kann die Kindheit grob in 5 Phasen unterteilen, in denen ein Kind non-verbal fünf existenzielle Fragen an das Leben stellt. Die Antworten darauf bilden das Grundmaterial unserer Einstellungen zu uns selbst und der Welt, unsere Filter.

Wie sehr wir uns später auch mit uns selbst beschäftigen, in Therapien, in Gesprächen mit Freunden – die ersten Gefühlserfahrungen bilden auf unserer Festplatte ein Reaktionssystem, das zunächst einmal greift, besonders in Stresssituationen. Wir sehen die Welt durch dieses System, erklären uns die Menschen um uns herum und definieren uns selbst.

Welche Fragen sind das?
  • 1
    Bin ich gewünscht?
    Erste grundlegende Antworten finden sich im Alter zwischen der Zeugung und ungefähr dem 6. Lebensmonat. „Hier bin ich! Bin ich gewünscht und willkommen?"

    Kinder in diesem Alter können noch nicht denken, aber sie fühlen, wie die Eltern zu ihnen stehen. Wenn sie als Antwort bedingungslose Liebe erfahren, Wärme und Aufmerksamkeit, entsteht bei ihnen ein grundlegendes Vertrauen in sich selbst und die Welt.

    Erleben sie als Antwort aber immer wieder Leere, das Schweigen oder gar Ablehnung, - empfinden sie einen Schmerz, der einem körperlichen Schmerz gleich kommt. Das Kind empfindet: „Mit mir stimmt etwas nicht", es lernt, diesen Schmerz zu vermeiden, es lässt sich eine erste Schutzschicht wachsen, eine trennende Schicht der Einsamkeit.

    Als Erwachsene erleben solche Menschen oft eine grundlose Traurigkeit, eine Sehnsucht nach Verbundenheit mit Anderen, die von keinem Partner gestillt werden kann. Nach Außen können das aber auch die Einzelkämpfer sein, die niemanden brauchen. Aber zu welchem Preis?
  • 2
    Werde ich unterstützt?
    Diese Frage stellt sich besonders im Alter zwischen 6 Monaten bis zum 2. Lebensjahr. Werde ich darin unterstützt, was ich lernen und erkunden möchte?

    Kinder beginnen zu krabbeln, dann zu laufen, zu sprechen, sie werden langsam zu überlebensfähigen Wesen. Das Kind braucht in diesem Alter besondere elterliche Unterstützung, dabei ist aber nicht die mütterliche Hand bei jedem drohenden Hinfallen gemeint, die verhindert, dass das Kind für sich selbst zu sorgen, die eigene Kraft selbst einzuschätzen lernt – nein. Aber auch nicht die Gleichgültigkeit oder Sprüche wie „Indianer kennen keinen Schmerz!". Was das Kind braucht, ist liebevolle Aufmerksamkeit, eine Hand, wenn das Kind sie wirklich braucht, einen Blick, der das Kind wissen lässt: ich sehe dich und nehme dich ernst. Und wenn es Hilfe braucht, wird jemand da sein – so entsteht das grundlegende Vertrauen in die zwischenmenschliche Beziehung, das Wissen darum, dass man sich auf den Anderen verlassen kann.

    Wenn aber die Kinder in diesem Alter Überfürsorge und Ängstlichkeit der Eltern erfahren, oder Einschränkungen „das kannst du noch nicht, du bist noch zu klein"... so entsteht bei ihnen die Angst vor der eigenen Kraft, Unsicherheit oder auch das Misstrauen, sich jemandem hinzugeben, ohne allein gelassen zu werden.

    Solche Menschen erleben im erwachsenen Alter einen mangelnden Glauben an die eigenen Fähigkeiten, Ängstlichkeit oder Sorgen, Abhängigkeiten. Oder aber sie rebellieren gegen diese Hilflosigkeit und werden zu denjenigen, die „selber machen", nicht um Hilfe bitten können...
  • 3
    Werde ich geachtet?
    Diese Frage wird im Alter zwischen 2 bis 4 Jahren besonders wichtig. Schaffe ich es? Kann ich stolz auf mich sein? Werde ich von meinen Eltern respektiert?

    Die Kinder gehen in den Kindergarten, sie erleben die ersten Gefahren außer Haus, sie fangen an, soziales Verhalten zu üben, andere Kinder und Erwachsene zu beobachten. Besonders wichtig ist für sie dabei, einen respektvollen Umgang mit sich selbst zu lernen und diesen bei den Eltern gegenüber anderen Lebewesen zu beobachten.

    Wenn in diesem Alter die Kinder viele Einschränkungen der Eigeninitiative erleben, Demütigungen, Strafen für ihre neugierige Missetaten, oder aber umgekehrt, wenn die Kinder vollkommen behütet und wie in Watte eingepackt werden, keinen Beitrag im Familienleben leisten können und keine Würde spüren, sondern eher einem Lieblingshaustier ähneln ohne Aufgaben und ohne Mitspracherecht - lernen sie später nur schwer sich selbst zu achten.

    Solche Menschen werden oft zu Erwachsenen, die sich gerne mit Schwächeren umgeben, um die sie sich kümmern (müssen), sie dominieren gerne oder umgekehrt, fühlen sich unfähig, Risiken anzugehen, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Deren Stolz ist entweder zwanghaft empfindlich oder anscheinend gar abwesend.
  • 4
    Was kann ich selbst entscheiden?
    Die Frage der Selbstwirksamkeit rückt im Alter zwischen 3 und 6 Jahren in den Vordergrund: Habe ich eine freie Wahl? Kann ich selbst entscheiden? Für was trage ich die Verantwortung?

    Oft möchten Eltern von Kindern in diesem Alter lieber in der Komfortzone bleiben und das meiste über den Kopf des Kindes hinweg selbst entscheiden. Das Kind entwickelt aber erste Bedürfnisse nach dem eigenen Willen. Und stößt nicht selten auf das Elterliche: „Wenn du es nicht so machst, wie ich will, werde ich..." Unterm Strich heißt das: „werde ich dich nicht mehr lieb haben", das hören die Kinder raus. So beginnen sie ihr eigenes Gefühl für ein gesundes „Ja" und „Nein" zu verlieren, gehen in Anpassung und Selbstverrat oder in die Rebellion. Die Verhaltensmuster, die in diesem Alter gelernt werden, begleiten die Menschen ihr Leben lang.

    Wird das ein braver Junge werden, der auch mit 40 versucht, es seiner „Mutter" recht zu machen, auch wenn sie bereits dement oder tot ist? Wird das eine selbstständige Frau sein, die trotz besseren Wissens die Männer nach der Schablone ihres Vaters oder das absolute Gegenteil zu ihm aussucht?

    Wenn Kinder in diesem Alter keine gute Begleitung in der Entwicklung ihrer Selbstständigkeit erfahren, werden sie zu Erwachsenen, die keine Verantwortung übernehmen wollen, oder eben zu denen, die unter Kontrollzwang leiden, aus Angst, das Leben würde ihnen sonst entgleiten.
  • 5
    Werde ich bedingungslos geliebt?
    Das Kind wächst, es wird ernster im Leben. Im Alter zwischen 5 und 7 Jahren beginnt es die Konsequenzen eigener Handlungen intellektuell zu begreifen, die Zusammenhänge zwischen Ursachen und Folgen. Ist die Liebe zu mir abhängig von meinem Verhalten?

    Es ist nicht selten, dass Kinder im Vorschul- und Grundschulalter erleben, dass nur wenn ihre Leistungen den elterlichen Vorstellungen entsprechen, sie positiv wahrgenommen und geliebt werden. Sie versuchen, ihr Selbstwertgefühl mit Leistung zu erkaufen, fangen an, sich durch Erfolge zu definieren, nicht mehr durch das Sein, sondern durch das Können. Wenn die elterliche Liebe in diesem Alter an Bedingungen geknüpft wird, so werden solche Kinder zu Erwachsenen, die sich mit Kompensation gut auskennen, durch Statussymbole etwa, die andere „zu kaufen" wissen, ob durch Geschenke, oder „gute Taten"...
Jeder trägt seinen eigenen Rucksack mit Antworten auf den Schultern. Und so laufen wir durchs Leben und fragen uns, warum es wohl manchmal so schwer ist. Manche haben gelernt, lustig zu erscheinen, gut drauf, erfolgreich, anscheinend beliebt zu sein... Und nur innen drin, an manchen Abenden, wird es ganz still. Wer lebt da drin? Jemand, der seine Stimme fast verloren hat, der sich in erstickender Einsamkeit zusammenzieht, nur damit es keiner merkt? Bin das noch immer ich, das gleiche Kind von damals?

Und was nun?
Es gibt viele Wege, sich zu entwickeln. Auch die meisten Therapien beschäftigen sich in irgend einer Weise mit den Konstruktionen, die in der Kindheit geformt wurden. Es ist unabdingbar, sich noch einmal umzudrehen und zu schauen, woher man kommt.

Der Hoffman Prozess macht das auf eine sehr einfühlsame und intensive Art und Weise, die es innerhalb einer Woche ermöglicht, die eigenen Grundstrukturen aufzudecken, und wo gewünscht positiv zu verändern. Damit man selbstverantwortlich weiter gehen kann, ohne Opfer der eigenen Geschichte zu sein.

Ist das möglich? Ja!
Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben!
Den Hoffman Prozess gibt es überall auf der Welt.
Im deutschsprachigen Raum gibt es vier Institute:
2 in Deutschland (in Berlin und in Berg)
und jeweils eines in der Schweiz und
in Österreich.

Holger Dick und Daria Markin – Sie sind grade auf unserer Seite – leiten zusammen das österreichische Hoffman Institut.
Überall auf der Welt wird empfohlen, den Hoffman Prozess in der Muttersprache zu machen, weil unsere ersten Erinnerungen im Kindheitssprachraum dabei eine wichtige Rolle spielen.

Unserer Ansicht nach ist der Hoffman Prozess jedem zu empfehlen, der in seinem Leben etwas verändern möchte, dem die Wörter „Selbstverantwortung" „Selbstbestimmung" und „bedingungslose Liebe" am Herzen liegen.

Und letztendlich ist es nicht relevant, ob Sie zu uns kommen, oder in einem anderen Land oder einem anderen Institut den Hoffman Prozess machen – wir verstehen diesen Kurs als einen grundlegenden Beitrag für den Frieden, der wohlbekannt im eigenen Herzen beginnt.