Steigt man in sich selbst hinab, so findet man, dass man alles genau das besitzt, was man begehrt.
Simone Weil
Mir ging es früher so: da schaute ich mir weise Frauen und Männer an und fragte mich: passiert ihnen das nicht, solche Ausbrüche? Haben sie denn gar keine grellen Emotionen mehr? Sind sie nur noch erleuchtet? Ich dachte: sie sind sehr vernünftig und ich dachte, sie unterdrücken das kindliche Verhalten, kontrollieren es und ich versuchte das Gleiche. Es gelang mir nicht, und je mehr ich versuchte, vernünftig zu wirken, desto schlimmer wurde es, desto verletzbarer fühlte ich mich und irgendwie lächerlicher. Der Dalai Lama zerstörte in mir dieses Bild, als ich zufällig einen Ausschnitt eines Interviews mit ihm hörte, in dem er über sein Furzen im Flugzeug erzählte und dabei herzhaft darüber lachte. Dieses Bild gehrte lange in mir nach und der unangenehme Beigeschmack verwandelte sich in eine schlichte Offensichtlichkeit – die weisen Männer und Frauen unterdrücken das Kind nicht. Sie lassen es zu und lieben es. Deswegen strahlen sie dieses Ganze, dieses „Mit-sich-eins-sein" aus. Fehler machen dürfen, auch mal etwas nicht wissen oder nicht können, nicht der Beste sein, auch mal durchschnittlich sein und versagen, scheitern, müde und träge sein, ohne sich dafür zu schämen. Sich annehmen und lieben, Mitgefühl für sich haben und weitergehen.
Wir haben neulich ein Video von einem Vortrag gedreht, in dem ich simultan ins Russische übersetzte. Da gibt es eine Szene, in der mir das russische Wort viel zu lange nicht einfiel und ich ins Stocken geriet. Als ich dann das Video zum ersten Mal in ganzer Länge sah, war ich überrascht, wie souverän ich wirkte, als ich meinen Fehler nicht zu verbergen versuchte, sondern genau diese Verlegenheit zeigte und authentisch blieb. Da lächelte mein Herz und mein Inneres Kind jubilierte: es darf sein! Da ist der Weg! Das fühlt sich glücklich an.
- Daria Markin -