Würde
März 2018

Würde

Eine Begegnung
Ich hatte eine Begegnung, die mir für immer in Erinnerung blieb. Als Tochter intellektueller Eltern hatte ich von früh auf sehr hohe Ansprüche an mich selbst und meine Mitmenschen in allem, was Denken anbelangte. Und da saß ich an einem warmen Abend barfuß auf den Stufen unseres Sommerhauses und ein Nachbar, ein Metro-Bauarbeiter im Alter meines Vaters, setzte sich zu mir, kleinwüchsig, knorrig, sehr muskulös und mit den gröbsten Händen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Wir schwiegen, er rauchte, ich schaute herum und scheuchte Mücken weg. Und er begann zu erzählen. Einfach so. Ich weiß nicht mehr, was er erzählte, ich weiß nur sehr genau dieses Gefühl des Staunens über seine Worte, seine Weisheit, seine Demut und Schlichtheit und über die unglaubliche seelische Schönheit, die er ausstrahlte. Heute weiß ich das zu benennen: er war eins mit sich und er hatte Würde.

Seit diesem Abend zerbrach mein Bewertungssystem in "Kluge" und "Dumme", ich kam in Berührung mit etwas Größerem. Er lebt nicht mehr, und ich kann es ihm nicht mehr sagen, aber dies ist mein Dank und die Hoffnung, etwas von dem weiter geben zu können.
Würde
Die Bewusstwerdung der eigenen Würde ist der entscheidende Schritt in die Freiheit.
Gerald Hüther


Wir steigen oft in Kostüme, wir werden in Rollen gequetscht. Wir betrachten andere Menschen als Objekte und werden auch von ihnen instrumentalisiert. Ich erkenne so oft in den Augen meiner Mitmenschen, wie bei Ihnen eine Schublade aufgeht und ich da bildlich mit Knochenbruch hinein gestopft werde: „Frau", „jung", „Russin", „Jungs-Mutter", „Chefin", aber auch positive Stempel, die ebenso bewertend und mich reduzierend sind: „die Tolle", „die Kluge"... Aua. Nicht nur solch grobe Schablonen sind im Umlauf, auch winzige Kleinigkeiten, wo ich in den Augen anderer erkenne: aha, da haben sie etwas in mir gesehen, was ihre eigene Erfahrung geweckt hat, und schwupdiwup haben sie es auf mich übertragen. Als ob ich nur kritisch und bewertend wäre, zu burschikos oder eben zu feminin, als ob ich zu arrogant und dominant oder zu unterwürfig wäre... Sehr spannend. Und auch traurig.

Es gibt aber einen Zustand, in dem wir in die Augen anderer schauen können und sehen können: da ist ein Mensch, wie ich, mit Ängsten und Schmerzen, mit seiner Geschichte, seinen Kanten und Träumen, mit einzigartigen Eigenschaften, niemals wiederholbar, einfach besonders. Mit seiner Würde. Dann wird etwas möglich, wovor wir in unseren Mustern am meisten Angst haben und wonach in der Tat wir uns am meisten sehnen – eine Begegnung von zwei Menschen ohne Masken, so wie sie sind. Das macht glücklich.

Eine solche Begegnung ist erst dann möglich, wenn wir diesen wachen Blick auf uns selbst gerichtet haben und unserer eigenen Würde gewahr sind, unser Wesen erkennen.

Stehen sie auf! Gehen Sie zum Spiegel und schauen sie sich in die Augen. „Ja, du hast Vieles erlebt. So viel, was dir Angst gemacht hat, was dich verschließen ließ, dich verstecken. Ja, du hast viel erlebt und gelernt, dich zu schützen. So arg, dass dein Panzer sehr dick geworden ist". Schauen Sie nicht weg, schauen Sie sich in die Augen: „da ist mehr. Mehr als nur Rollen und Masken, ein Meer von Liebe und Dankbarkeit, Verbundenheit und Klarheit, deine tiefe Weisheit, deine Potentiale. Deine Würde. Dein Wesen".

Zum Glücklich-sein brauchen wir zwei Dinge: den Willen und das Handeln. Den Willen, sich zu verändern, seine Würde wieder zu entdecken und sich nicht mehr in die vorgeschriebenen Strukturen, Statistiken und Hierarchien zu fügen und die Würde, andere Menschen zu sehen und sie nicht mehr zu instrumentalisieren. Und das Tun: also nicht nur darüber lesen und nachdenken und es toll finden. Sondern jetzt aufstehen und zum Spiegel gehen. Und bei sich beginnen. Nicht nachher, jetzt.

Jeder Mensch möchte in Würde behandelt, gesehen und angenommen werden.
Sie auch.
Der würdevoller Umgang beginnt in der Selbstliebe.
Können Sie sagen: "Ich liebe mich.
Ohne Bedingungen. Einfach so"? Möchten Sie es lernen?
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